Wir wollen beide: Soziale und Freiheitsrechte

Rede auf dem PDS-Programm-Parteitag
Chemnitz, 25. Oktober 2003

Gestern wurde im Bundestag der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verlängert und erweitert. Erweitert im Dreifachsinn - die Zahl der Soldaten wurde aufgestockt, das Mandat wurde verlängert und das Einsatzgebiet wurde vergrößert.

Die PDS hat bereits 2001 gesagt: „Der Kampf gegen den Terror lässt sich gewinnen, ein Krieg dagegen nicht!“ Das stimmt und deshalb haben wir natürlich erneut mit Nein gestimmt, was sonst?

Bei der ersten Afghanistan-Debatte gab es übrigens auch bei Rot-Grün noch etliche Gegner. Einer war Christian Ströbele von Bündnis 90/Die Grünen. Inzwischen stimmt auch er nicht mehr grundsätzlich mit Nein.

Seit fünf Jahren bin ich im Bundestag und in dieser Zeit gab es 29 Debatten zum Thema „Auslandseinsätze, Nato und EU-Einsatz-Kräfte“. Allein im letzten Jahr waren es elf, mit acht Abstimmungen.

Anders gesagt: Seit 1998 wurde 25x über Auslandseinsätze abgestimmt und 25x wurde die Bundeswehr in Marsch gesetzt.

Das gehört zur fatalen Bilanz von Rot-Grün. Das ist kein Versehen, sondern Strategie. Und gerade deshalb ist es so wichtig, dass die PDS dagegen hält: im Bundestag und allerorten.

Der Kampf gegen das Nato-Bombodrom in der Prignitz gehört dazu. Er ist ein guter Beleg für das Zusammenwirken der PDS Vor-Ort, im Land und im Bund, für eine Friedens-Allianz zwischen der PDS in Mecklenburg-Vorpommer, Berlin und Brandenburg.

Die PDS im Bundestag war und bleibt dabei zu jeder Friedens-Tat bereit. Lasst uns also das Bombodrom weiterhin und gemeinsam verhindern!

Wir vertreten die PDS im Bundestag nach Kräften, aber nicht als Automaten. Wir prüfen jeden Fall als Einzelfall.

Im Juni ging es um den Kongo, um imperiale Feldzüge. Zugleich ging es um Bürgerkriege, um Kinderkrieg, um Millionen Tote.

Wir mussten abwägen, wie wir uns entscheiden. Wir haben es uns nicht leicht gemacht und wir haben Nein gesagt.

Nehme ich allerdings so manche Zuschriften aus der PDS, dann haben wir dabei zwei Fehler gemacht. Wir haben nachgedacht und wir haben obendrein öffentlich gesagt, dass wir nachdenken.

Deshalb sage ich aus Erfahrung: Wer den PDS-Friedens-Beschluss zu Münster als Keule gegen das Denken schwingt, der entmündigt die PDS, der macht sie unglaubwürdig und dagegen bin ich.

Das betrifft auch die zugespitzte Frage, ob der UNO ein Gewalt-Monopol zustehen soll oder ob das imperialistisches Teufelswerk sei.

Nun gibt es im Programm-Entwurf eine Kompromiss-Formel. Der Streit aber bleibt uns erhalten und ich appelliere:

Wir müssen aufpassen, dass wir die reale Welt im Blick behalten. Die Gefahr liegt nicht in einem Gewaltmonopol der UNO. Die große Gefahr liegt in einem praktizierten Gewaltmonopol der USA, gegen das Völkerrecht und gegen die UNO.

Die Militarisierung der Außenpolitik korrespondiert mit einer Innenpolitik, die immer mehr in Bürgerrechte eingreift.

Ich hielt es übrigens für ein fatales Symbol, wenn der BND in Berlin genau dort sein Quartier aufschlägt, wo einst das „Stadion der Weltjugend“ stand und heute im Wortsinne Volkssport stattfindet.

Der Angriff auf Bürgerrechte durchzieht auch die künftige EU-Innenpolitik, allemal die Flüchtlinspolitik.

Und weil ich erlebe, wie die SPD und wie die Grünen immer mehr Bürgerrechts-Positionen räumen, deshalb bleibe ich dabei:

Die PDS muss sich als moderne sozialistische Bürgerrechtspartei weiter profilieren und praktisch bewähren.

Das ist eine Lehre aus unserer eigenen Geschichte und das muss sich im neuen Programm spiegeln.

Aktuell gehört dazu auch der Streit um ein Entsendegesetz. Er wurde entfacht, um mit der Bundeswehr schneller, welt-weit operieren können.

Auch dagegen müssen wir gemeinsam offensiver streiten. Denn wie ein solches Gesetz auch immer aussehen würde, es ginge immer um Zweierlei: um die Beschleunigung der Kriegspolitik und um die Entrechtung der Demokratie.

Deshalb werbe ich für das zentrale Anliegen des Programms: Soziale und Freiheitsrechte dürfen nicht gegeneinander gestellt werden. Das hatten wir und das haben wir. Wir wollen etwas Neues, wir wollen beide. Deshalb streiten wir für Demokratischen Sozialismus.
 

 

 

25.10.2003
www.petra-pau.de

 

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