Aktuelle Notiz: Kongo III

von Petra Pau
Berlin, 17. Juni 2003

Morgen wird im Bundestag über einen Einsatz der Bundeswehr im aktuellen „Kongo-Krieg“ abgestimmt. Gesine Lötzsch und ich, wir haben den konkreten Antragstext seit fünf Tagen und wir haben ihn sofort an Mitglieder des Parteivorstandes, an Europa-Parlamentarier und weitere Genossinnen und Genossen verteilt. Rat suchend, wie ich bereits in meiner aktuellen Notiz „Kongo I“ schrieb. Der Antrag ist am Ende dieser Notiz zu lesen.

Ich habe in den vergangenen Tagen viele Zuschriften bekommen und noch mehr Gespräche geführt. Die Antworten bzw. Ratschläge, die ich erhielt, passen weiterhin in die drei Gruppen, die ich bereits in der aktuellen Notiz vom 05. Juni 2003 skizziert habe. Zitat:
1. Stimmt zu, auch wenn die politischen Rahmenbedingungen schlecht sind. Aber schließlich es geht um Menschen, ums pure Leben im Kongo.
2. Stimmt ja nicht zu, denn ihr schafft damit einen Präzedenzfall für die PDS und würdet der allgemeinen Kriegs-Logik folgen.
3. Eigentlich müsstet ihr zustimmen, aber bitte nicht vor dem Parteitag. Denn das zerreißt die PDS und spielt der selbsternannten Partei-Linken in die Hände.

Hinzu kommt eine vierte. Sie meint: „Damit haben wir uns noch gar nicht beschäftigt, aber ihr werdet es schon richtig machen.“ Was richtig sei, las ich gestern in der „Jungen Welt“. Demnach soll es einen „offenen Brief“ der Kommunistischen Plattform der PDS an Gesine und mich geben. Ob dem so ist, weiß ich nicht. Wir haben bislang keinen erhalten.

Jedenfalls werden wir wohl aufgefordert „weder einer direkten noch einer indirekten Beteiligung deutscher Soldaten an einem sogenannten robusten Einsatz im Kongo zuzustimmen“. Es folgt der Verweis auf den Parteitagsbeschluss der PDS von Münster und die Klarstellung: „Einen Widerspruch zwischen den friedenspolitischen Beschlüssen der Partei und dem Gewissen von PDS-Mitgliedern könne es (folglich) nicht geben.“

Soviel Gewissheit lässt mich erschaudern! Zumal ich glaubte, die PDS habe vor 13 Jahren mit dem Slogan gebrochen, wonach „die Partei immer Recht“ hat. Aber offenbar lebt er in Teilen fort, wenn er ins eigene Weltbild passt.

Wir wägen ab und wir ringen um die vermeintlich bessere Lösung. Glaube niemand, das sei leicht. Es geht um imperiale Interessen, denen das Militär dient, zugleich geht es um Millionen Menschenleben, die zu schützen sind. Nicht im Vortext eines offenen Briefes, sondern konkret im Kongo und akut.

Am meisten Kopfschmerzen bereiten mir allerdings jene PDS-Mitglieder, darunter durchaus namhafte, die sagen: „Eigentlich müsstet ihr mit Ja stimmen. Aber es ist die falsche Zeit!“ Sie fürchten um die Zukunft der PDS, sie wollen keine Zerreißprobe, schon gar nicht jetzt. Das verstehe ich gut, sehr gut sogar. Niemandem wäre geholfen, wenn sich die PDS - ohnehin in einer existenziellen Krise - auf dem bevorstehenden Parteitag zerfetzt.

Ich glaube aber auch: Niemandem ist geholfen, wenn sich die PDS immer wieder vor aktuellen Auseinandersetzungen drückt, weil sie gerade ungelegen kommen. Ein Ratgeber aus Hamburg schrieb mir dieser Tage: „In der PDS herrscht immer der Genosse Unzeit.“ Er sei ein wesentliches Problem der innerparteilichen Krise. Auch das stimmt, leider.

PS:
In meiner aktuellen Notiz „Kongo I“ hatte ich geschrieben: „Im Kongo wüten Stammeskriege.“ Für diesen Lapsus, für das Wort „Stammeskriege“, könnte ich mich in den Hintern beißen. Es ist sachlich falsch und bot obendrein einen unnötigen, aber hinreichend genutzten Anlass, mich als „Rassistin“ zu beschimpfen. Ich entschuldige mich bei mir, ihn dümmlich geboten zu haben.

zum Antrag, pdf-Datei
 

 

 

17.6.2003
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

PDS: Reden & Erklärungen

 

Lesbares

 

Startseite