Petra Pau (MdB), PDS-Parteitag, außerordentliche Tagung, Berlin, 5. April 2003

Die Parteitags-Regie ließ nicht zu, dass die Rede gehalten werden konnte. Mehrere Delegierte baten Petra Pau dennoch darum, ihren vorbereiteten Beitrag lesen zu können. Deshalb wurden die Stichworte ausformuliert und hier veröffentlicht.

 

Nachdenken am Kreuz-Weg: Äußeres - Inneres - Soziales

I. Ihr kennt die Zahl: 17x musste die PDS-Fraktion zwischen 1998 und 2002 über Militäreinsätze der Bundeswehr abstimmen. Und 17x hatten wir im Bundestag mit Nein gestimmt.
In den ersten fünf Monaten der neuen Legislatur gab es bereits 13 weitere Debatten über Militär-Einsätze oder -Strategien.
Unsere Positionen, also Gesines und meine, könnt ihr nachlesen. Entsprechendes Material findet ihr im Internet oder - druckfrisch zum Mitnehmen - draußen am Info-Tisch der „PDS im Bundestag“.
Meine Bilanz liegt summa summarum inzwischen bei 24 Nein. Womit ich verdeutlichen will: Das rot-grüne Nein zum Irak-Krieg markiert noch kein grundsätzliches Umdenken.

Im Bundestag streiten sich derzeit zwei Grundlinien: CDU/CSU setzten mit den USA auf Stärke. SPD und Grüne setzen ohne oder gegen die USA auf Stärke. Beide streiten über ihr Verhältnis zur USA-Politik. Beide haben aber keine generelle Differenz zur militärischen Stärke.
Ich finde: Der Streit überdeckt das Wesentliche. Es geht nicht darum, ob Europa den USA folgsam folgt. Es geht auch nicht darum, ob Europa den USA kraftvoll folgt. Es muss darum gehen, dass sich Europa vom USA-Kurs emanzipiert.

André Brie spricht von einem „Kreuzweg“. Entweder es geht in die Sackgasse militärischer Gewalt und Herrschaft. Oder es geht in den Ausweg ziviler Lösungen und gerechter Teilhabe. Und weil ich das teile, finde ich: Es reicht nicht Stopp-Zeichen gegen den Kriegs-Pfad aufzustellen. Wir müssen Weg-Weiser für den Friedens-Kurs setzen. Denk-Sperren sind dafür wenig geeignet. Und auch das gilt: Eine Partei, die wenig Selbstvertrauen hat, wird auch kaum Vertrauen gewinnen.

Wolfgang Gehrke sprach von einer intellektuellen Herausforderung. Ich füge hinzu: Es ist eine real-politische Herausforderung. Es ist auch eine kulturelle Herausforderung. Dabei zählt nicht die Schärfe langweiliger Presseerklärungen, oder ob wir hier im Saale prima debattieren, sondern ob wir anregend und dialogfähig sind, für die Gesellschaft und unter uns.
Ich finde: Mehr Mühe lohnt sich.

II.Ein zweiter Gedanke: Krieg nach außen forciert immer auch Repression nach Innen. Der Abbau von Bürgerrechten und die Missachtung von Menschenrechten in den USA sind dafür schlimmer Belege. Dasselbe erleben wir aber auch hierzulande.

Die „Otto“-Pakete, die mit rot-grüner Mehrheit im Bundestag verabschiedet wurden, waren keine Antwort auf die Attentate vom 11. September 2001. Vielmehr war der 11. September 2001 Anlass, die repressiven CDU-Ladenhüter der Beckstein & Co in Gesetze zu gießen. Auch deshalb gehören sie auf den Prüfstand.

Wir haben vorige Woche in Thüringen auf einer PDS-Fachkonferenz darüber debattiert. Ich wiederhole: Eine Partei, die sich als Friedens-Partei engagiert, muss sich zugleich als Bürgerrechts-Partei profilieren. Das gehört zusammen. Lasst uns dafür streiten!

III. Ein dritter, kurzer Gedanke:
Bundeskanzler Schröder hat am Donnerstag in seiner Regierungs-Erklärung gemeint: Das Nein zum Irak-Krieg müsse gestärkt werden und außenpolitische Stärke brauche innenpolitische Reformen. Damit hat er versucht, seine „Agenda 2010“ der Friedensbewegung anzudienen.

Eine Agenda, die Betroffene belastet und Vermögende entlastet, Eine Agenda, die Bismarck zweifeln und Bebel grollen ließe. Eine Agenda, die Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität entsorgt.

Deshalb habe ich geantwortet: „Die PDS sagt Ja zu ihrem Nein zum Krieg. Und wir sagen Nein zu ihrem Ja zum Sozialabbau. Denn beides passt nicht zusammen.“
 

 

 

5.4.2003
www.petra-pau.de

 

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