Losungen und Lösungen

Rede auf der 3. Tagung des 8. Landesparteitages der PDS Berlin, 22. Februar 2003

Wir haben im September bundespolitisch eine Wahlniederlage erlitten. Wer wüsste das besser und schmerzhafter, als wir. Nun lese und höre ich gelegentlich, selbst aus den eigenen Reihen: Die PDS ist nicht mehr im Bundestag. Ich will es positiv wenden: Noch haben wir vier Beine im Bundestag, zwei Köpfe dazu und je ein Herz links. Meine Frage ist: Was machen wir gemeinsam daraus? Wir stecken - spätestens seit Gera - in einem Loch. Fast alle Umfragen bestätigen es, leider. Also steht die Frage: Wie kommen wir aus dem Loch heraus?

Wir kritisieren: Uns fehlen ausreichende politische Konzepte. Das teile ich: Wir können gut Stopp-Schilder setzen. Gefragt sind aber Weg-Weiser, gerade von einer sozialistischen Partei. Fataler ist: Vielen fehlt der Glaube an uns selbst. Fatal deshalb, weil einen Partei, die nicht an sich selbst glaubt, auch nicht glaubwürdig sein kann. Deshalb müssen wir beides tun. Wir müssen ran an die Politik und raus aus der Miss-Stimmung.

Natürlich geht das nicht ohne Auseinandersetzungen und schon gar nicht ohne Kritik. Aber ich will an einem Beispiel verdeutlichen, was ich meine. Elf Jahre lang haben wir über mehr Demokratie diskutiert, grundsätzlich und als Markenzeichen der PDS. Im 12. Jahr hat Rot-Rot in Berlin endlich mehr Demokratie, mehr Mitsprache für die Bezirke vereinbart, nicht theoretisch, sondern praktisch. Prompt regt sich Kritik aus den eigenen Reihen. „Wie könnt ihr das tun, ohne vorher mit uns zu sprechen!“ So werden Erfolge in Niederlagen gemünzt und genau das nimmt uns den Glauben an uns selbst.

Dabei brauchen wir das Berliner Beispiel, gerade auch im Bundestag. Denn dort verharrt Rot-Grün noch immer hinter wohlfeilen Versprechen. Und der eigentliche politische Gegner verschwindet hinter partei-internen Konflikten. Denn mit der CDU und CSU ist bundespolitisch Vieles zu haben. „Mehr Demokratie“ gehört nicht dazu.

Berlin steckt im Schlamassel. Wer die Haushaltslage kennt, weiß das. Nun kann man sagen, das ist nicht unser Ding. Man kann das Dilemma auch mit wohlfeilen Losungen ignorieren. „Geld ist genug da, es ist nur falsch verteilt“, ist so eine. Das teile ich übrigens ausdrücklich. Ich finde das allerdings brotlos, wenn es nur noch dazu dient, die eigene Gesinnung hoch zu halten. Solange Losungen und Lösungen nicht überein kommen, so lange leiden wir an einem tödlichen Virus. Da will ich raus.

Gesine und ich, wir lassen nahezu keine Chance aus, im Bundestag die Wiedereinführung der Vermögenssteuer zu fordern. Und wir verweisen jedes Mal darauf, dass es dazu einen Berliner Beschluss gibt, der mit den Stimmen von SPD, PDS und Bündnis 90/Die Grünen gefasst wurde. Das hilft uns, Rot-Grün zumindest öffentlich unter Druck zu setzen. Und es hat ja auch eine Berliner Komponente. Die Einnahmen könnten erhöht werden. Und was noch mehr zählt: Es wäre ein wenig mehr gerecht.

Nun liegen heute einige Anträge zur Durchführung von Sonderparteitagen vor. Da ich nach letzten Nachrichten nicht nur haustierpolitische Sprecherin, sondern auch parteitagspolitische Sprecherin der PDS im Bundestag bin, auch von mir einige Bemerkungen dazu:

Ich habe die Idee eines Extra-Parteitages auf Bundesebene an den Parteivorstand herangetragen und ich habe diese Idee auch öffentlich vertreten. Dabei ging es mir weder um einen Sonder-Parteitag, noch um einen Richtungs-Parteitag, noch um einen Personal-Parteitag. Ich habe für einen eintägigen Arbeits-Parteitag geworben, auf dem wir uns bundes-politisch zurück melden. Und zwar zu einem Thema, das ohnehin und dringend ansteht: Die PDS und Europa.

Dafür sprechen viele Gründe. Ich will nur einen nennen: Im Juni wird der EU-Konvent seine Arbeit beenden und so etwas wie eine europäische Verfassung vorlegen. Die PDS fordert seit längerem: Sie soll per Volksabstimmung in Kraft gesetzt werden - EU-weit. Das ist prima demokratisch und dafür bin ich auch. Nur: Was sagen wir zum Ergebnis des Konvents und was empfehlen wir? Ich weiß es nicht, ihr wisst es nicht, wir wissen es nicht. Denn wir haben uns nicht ernsthaft damit befasst.

Wir müssten uns aber ernsthaft damit beschäftigen. Auch, damit wir, unsere Genossinnen und Genossen nicht vor Kaufhallen stehen und die Schultern zucken müssen. Einen allgemeinen Parteitag über die Lage der PDS halte ich schlicht für brotlos und kontra-produktiv. Er würde auch niemanden ernsthaft interessieren, jedenfalls nicht außerhalb der PDS.
 

 

 

22.2.2003
www.petra-pau.de

 

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