Aufbruch-Basis für mehr Politik

Gast-Rede von Petra Pau (MdB)auf dem Landesparteitag der PDS-Brandenburg,
16. 11. 2002 in Frankfurt/Oder

Die ersten Bundestags-Wochen liegen hinter uns. Es waren rasante, alle mal für ein Duo. Ich will es positiv wenden: Noch haben wir vier Beine im Bundestag, zwei Köpfe dazu und je ein Herz links. Wir beide, also Gesine Lötzsch und ich, sind bereit, das Beste draus zu machen - als „PDS im Bundestag“. In der Bundes-Politik werden derzeit Brocken bewegt. Leider so, dass sie vielen Betroffenen auf die Füße fallen werden. Ich verweise nur auf die Themen: Hartz-Kommission, Gesundheits-Reform, Kommunal-Finanzen, Nato-Gipfel, Steuer-Projekte, Euro-Stabilität, Militär-Mandate und anderes.

Wir müssen uns konzentrieren, Mut zur Lücke zeigen. Wir setzen unsere Schwerpunkte dort, wo das wahre Leben tobt. Und wir versuchen, bundesweit präsent zu sein. Ich sage das auch, weil wir so manche Post aus der eigenen Partei erhalten: „Warum habt ihr nichts zum Thema xy gesagt?“ Oder: „Wieso ward ihr noch immer nicht in unserer der Basis-Gruppe?“ Das geht schlicht nicht. Und ob wir als „PDS im Bundestag“ bundespolitisch agieren können, das hängt nicht allein von uns ab, sondern vor allem auch von der Partei namens PDS.

Ich will das an zwei streitbaren Beispielen illustrieren:

Bereits drei Mal haben wir im Bundestag über Militär-Einsätze debattiert. Wir haben jeweils mit Nein gestimmt: bei der NATO-Erweiterung, zu „Enduring Freedom“, beim Mazedonien-Mandat. …auch beim Mazedonien-Mandat. Obwohl es gute Gründe gäbe, zumindest noch einmal gründlicher darüber nachzudenken. Aber das ist in der PDS seit „Münster“ verboten. Mit Denk-Blockaden lässt sich aber schlecht Politik machen, auch keine sozialistische. So nehme ich gern das von Gabi Zimmer heute ausgesprochene Angebot gern auf, wenn sie forderte: „Lasst uns wirklich ehrlich unsere friedens- und sicherheitspolitischen Positionen überprüfen und die Defizite benennen.“

Wir haben im Bundestag mehrfach klargestellt: Es gibt keinen Grund für „Hartz“-Pralerei. Das Konzept hilft wenig gegen die Arbeitslosigkeit. Es kann sogar vieles noch verschlimmern - allemal in struktur-schwachen Regionen, nicht nur im Osten. Also haben wir mit Nein gestimmt. Ich habe die „Hartz“-Vorschläge allerdings nie in Bausch und Bogen verteufelt. Und ich habe darauf verwiesen, dass die Arbeitsminister in Berlin und Schwerin, also PDS-Minister, an Verbesserungen arbeiten. Das ist eine Differenz zu offiziellen PDS-Erklärungen. Auch darüber wäre sachlich zu sprechen, in der PDS.

Auch deshalb finde ich: Unser Problem ist nicht, dass es unterschiedliche PDS-Flügel gibt. Unser Problem ist, dass politische Differenzen einfach nicht geklärt werden, dass sachliche Divergenzen in ein nebulöses Misstrauen getaucht und damit vertuscht werden. Ich werbe hingegen erneut für eine Politisierung der PDS, auch aus Eigennutz.

Lasst mich abrundend auf drei aktuelle Themen eingehen.

Das erste: Wir hatten eine Plenar-Debatte zum bevorstehenden Nato-Gipfel. Das erste Aufmerk-Signal kam von Wolfgang Schäuble. Er brachte namens der CDU/CSU ein Recht der Nato ein, Präventiv-Kriege zu führen. Was auch ein militärisches Erstschlags-Recht für die Bundeswehr bedeuten würde. Ein kreuz-gefährliches Unding. Das zweite Aufmerk-Signal bestand darin, dass nahezu alle Abgeordneten so taten, als hätten sie nichts gehört - außer die „PDS im Bundestag“.

Das zweite: Der Bundestag hat mit klarer Mehrheit das ‚Enduring Freedom'-Mandat verlängert. Oft wird es verkürzt mit Afghanistan übersetzt. Es umfasst aber auch deutsche Spürpanzer im Kuwait und Flotten-Einsätze am Horn von Afrika. In einer Frage schienen wir mit der CDU/CSU übereinstimmten. Die Bundesregierung versucht fein säuberlich, das Enduring-Freedom-Mandat von einem drohenden Irak-Krieg zu trennen. Die Opposition - rechts, wie links - sieht das anders. CDU und CSU wollen die Spürpanzer und Schiffe als Droh-Option gegen den Irak einzusetzen. Wir hingegen fordern, diese Kontingente unverzüglich heim zu holen. Das ist der Unterschied!

Das dritte Thema sind die Sozial-Systeme. Sie drohen zu implodieren. Nun hören wir: „Die Lebensarbeits-Zeit müsse verlängert werden!“ So schallt es unisono, von der SPD bis zu den Unternehmer-Verbänden. Ich halte das für einen Irrweg. Das wäre auch keine „sozialdemokratische Epoche“, wie Kanzler Schröder schwört. Das wäre Politik aus der Mitte des 19. Jahrhundert. Aber auch hier finde ich: Ein straffes „Nein“ ist zu wenig. Wir können gut Stoppzeichen setzen. Gefragt sind aber Wegweiser - allemal von einer sozialistischen Partei.

Es mangelt also nicht an politischen Herausforderungen. Gerade deshalb finde ich: Wir brauchen 3 große K - mehr Konzentration, mehr Kommunikation, mehr Kooperation. Nicht nach dem Motto: „gut, dass wir mal drüber geredet haben“, sondern als Aufbruch-Basis oder Basis-Aufbruch für mehr Politik.
 

 

 

16.11.2002
www.petra-pau.de

 

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