Beitrag auf dem Landesparteitag der PDS Mecklenburg-Vorpommern

Güstrow, 28. 09. 2002

Liebe Genossinnen und Genossen!

I. Wir haben eine schwere Wahlschlappe zu verbuchen. Das politische Ausmaß ist riesen-groß. Und natürlich tut das auch persönlich weh. Deshalb will ich eine kleine Episoden einschieben: Ein Student, der mich im Wahlkampf begleitet hatte, verabschiedete sich danach mit den Worten. „Mich werdet ihr nicht mehr los!“ Vor ihm lag ein frisch ausgestelltes PDS-Mitglieds-Dokument. Das wischt nicht die Tränen weg, die am Wahlabend flossen. Es macht die Niederlage nicht ungeschehen. Aber es signalisiert einen Auftrag: „Gebt jetzt ja nicht auf!“

II. Nun sind Gesine Lötzsch und ich im Bundestag, als PDS. Nicht als Fraktion, nicht als Gruppe, sondern als 2-Frauen-AG. Wir wurden direkt in den Bundestag gewählt und fühlen uns natürlich den Wählerinnen und Wählern unserer Wahlkreise besonders verpflichtet. Wir wollen aber auch unsere Möglichkeiten nutzen, um die Positionen der PDS bundesweit einzubringen.

Dabei will ich keine Illussionen nähren: Unsere Möglichkeiten sind schlechter als sie die PDS 1998 hatte, schlechter, als die von 1994, selbst schlechter als die von 1990. Allein das zwingt zu einem Umdenken und zu einem Umsteuern in der ganzen Partei, begonnen beim Partei-Vorstand. Auch darüber wird in "Gera" zu sprechen sein.

III. Wir brauchen aber auch schnell ein Umdenken und Umsteuern in der aktuellen Diskussion über Fehler und Versäumnisse. Natürlich können und müssen wir über Mängel und Fehler im Wahlkampf reden - gründlich und ehrlich. Doch das greift viel zu kurz. Meine These ist: Wir sitzen seit Jahren überfällige Entscheidungen aus, und weil wir das geduldet haben - ich auch - deshalb stecken wir jetzt klafter-tief im Schlammassel.

Ich will das nur an drei Beispielen verdeutlichen.
1. Wolfgang Ullmann kommt im aktuellen „Freitag“ zu dem Schluss: Die PDS muss endlich glaubhaft und verständlich machen, was sie unter demokratischen Sozialismus wirklich versteht. Er hat recht!.
2. Jede Partei hat ein Image, oder mehrere, auch die PDS. Darauf haben wir gesetzt: Frieden, soziale Gerechtigkeit, Neue Bundes-Ländern. Wir gelten als gut, weil wir für soziale Gerechtigkeit sind. Aber wir gelten als schwach, sofern es um konkrete Konzepte geht. Deshalb finde ich: Wir müssen endlich den internen Streit um Ideologien überwinden. Wir brauchen endlich einen Kompetenz-Wettbewerb.
3. Meinen dritten Punkt will ich nur noch kurz illustrieren. Seit die PDS auch in Berlin mitregiert, habe ich - auch im Partei-Vorstand - zunehmend die distanzierende Frage gehört: Um Himmels-Willen, was machen die denn da? Die simple Frage - wo liegt das Kern-Problem und wie können wir Euch helfen - die war schlicht Mangel-Ware. Sie löst sich auch nicht auf, wenn man den Blick von unten-links anmahnt. Wir müssen überzeugen, nicht nur mahnen.

IV. Wir hatten eine Woche zum Weh-Klagen. Nun müssen wir uns - jeder und jede für sich - entscheiden: Verwalten wir den Nachlass oder versuchen wir das fast Unmögliche. „Gera“ muss und wird darauf eine Antwort geben. „Gera“ wird auch eine Antwort darauf geben, ob es PDS-Entwicklungen gibt, die ich im Bundestag nach Kräften vertreten kann. Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Wenn der Wind weht, bauen die einen Mauern, die anderen bauen Windmühlen!“ Dass ich gegen Mauern bin, hat sich herum gesprochen. Versuchen wir es endlich mit Windmühlen!

V. Zum Schluss noch ein deutliches Wort in eigener Sache. Auch heute haben Sozialdemokraten, z. B.. Wolfgang Thierse, wieder über offene Türen bei der SPD räsoniert und mich, uns dazu eingeladen, überzutreten. Ich wiederhole: Mit mir ist weder eine feindliche Übernahme noch eine Vereinigung von SPD und PDS zu machen. Ich bin aus gutem Grund Mitglied der Partei des Demokratischen Sozialismus.

Deshalb werde ich mich mit der PDS weiterhin dafür engagieren, dass Politik links von der SPD spür- und wählbar ist. Deshalb werde ich mich innerhalb der PDS dafür einsetzen, dass sich die PDS zu einer modernen sozialistischen Bürgerrechtspartei weiter entwickelt, und zwar bundesweit. Und deshalb sind solche unsittlichen Übertritts-Angebote auch brotlos. Ich stehe für einen Politikstil und für Inhalte, die in der PDS zwar nicht unumstritten, in der SPD aber nun mal nicht zu haben sind.
 

 

 

28.9.2002
www.petra-pau.de

 

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