Magdeburg, 23. 03. 2002,
LandesvertreterInnen-Versammlung der PDS-Sachsen-Anhalt

Aus dem Beitrag von Petra Pau, stellv. PDS-Vorsitzende
 

Petra Bläss, Roland Claus und Petra Pau auf der LandesvertreterInnen-versammlung der PDS Sachsen Anhalt; Foto: Axel Hildebrandt

1. Vor knapp einem Jahr, ihr hattet gerade eine Regierungsbeteiligung in Sachsen-Anhalt ins Auge gefasst, damals habe ich gesagt: Auch gut, wenn ihr nicht mehr tolerieren wollt, dann könnten wir ja, also in Berlin, eine Tolerierung versuchen.
Dann ging es in Berlin Schlag auf Schlag: Die CDU/SPD-Koalition wurde aus dem Amt gejagt, ein halbes Jahr lang tolerierten wir Rot-Grün, es wurde neu gewählt, eine Ampel geprobt, und nun ist Rot-Rot im Roten Rathaus.
Das ist heute nicht mein Thema. Aber es birgt Lehren. Zumindest die: Wir können uns gar nicht gut genug auf alles Mögliche und scheinbar Unmögliche vorbereiten, inhaltlich und personell. Und aus dieser Sicht wünsche ich Eurem Parteitag einen weiten Blick und eine kluge Wahl.

2. Zu Berlin und unseren ersten Rot-Roten-Erfahrungen empfehle ich euch: ladet Stefan Liebich unseren neuen Landesvorsitzenden ein. Er kann euch aus erster Hand und damit besser als ich sagen, was wie läuft und warum Berlin ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Konkurs-Fall ist.
Ich will nur noch mal etwas zum Thema Wirtschafts- und Haushaltskompetenz sagen. Zentrale Felder, auf denen sich CDU/ CSU gern als besonders kompetent preisen. Berlin ist in nahezu allen wirtschafts-relevanten Daten hinten an und der in Zeiten der CDU/ SPD-Koalition angehäufte Berliner Schuldenberg beträgt rund 50 Mrd. Euro. Das entspricht einem Landesetat für 1 komplettes Jahr und knapp drei weiteren Monaten. Dazu kommt eine Bank-Katastrophe, die das Land weitere Milliarden kostet.
Das ist die Hinterlassenschaft von CDU und SPD. Und wenn dann der Stoiber oder Frau Merkel daher kommt, und der PDS Misswirtschaft voraus sagt, dann kann ich nur sagen: Eine solche Mist-Wirtschaft, wie die Berliner CDU hinterlassen hat, soviel Korruption und Inkompetenz sind nicht zu überbieten!

3. Damit mein Satz - „Wir können uns gar nicht gut genug auf alles Mögliche und scheinbar Unmögliche vorbereiten“ - nicht spekulativ interpretiert wird, will ich hier klipp und klar stellen: Wir gehen als Opposition in den Bundestagswahlkampf und wir werden als gestärkte Opposition aus ihm hervorgehen, und das ist nicht nur gut so, dass ist bitter nötig.
Denn die primäre Frage ist nicht, ob wir koalitionsfähig oder -willig sind. Die drängende Frage ist, ob SPD und Grüne wieder friedens-fähig werden. Die primäre Frage ist nicht, wer „soziale Gerechtigkeit“ im Munde führt. Die drängende Frage ist, ob die SPD wieder sozial-fähig wird. Die primäre Frage ist nicht, ob die K-Männer den Osten bereisen. Die drängende Frage ist, ob sie einheits-fähig werden.
Deshalb lasst andere die Konstellationsfragen bemühen, wir setzen auf Inhalte und damit auf die Fragen, die wirklich stehen.

4. Auf eines will ich dennoch besonders eingehen. Gerade bei euch, in Sachsen-Anhalt, Zuweilen gehen ja hier Scharlatane auf Stimmenfang, um die Nöte der Menschen zu missbrauchen. Die DVU hat das erwartete Trauer-Spiel abgeliefert, die Schill-Partei will das ihre noch aufführen.
Ich rate jeder und jedem, ob in Sangerhausen oder Bitterfeld, ob in Stendal oder Droyßig, ob in Gräfenhainichen oder Roßlau - ihr merkt, ich habe die Orte benannt, in denen ich jüngst war - aber das gilt genauso für Magdeburg oder Halle. Meine einfache Empfehlung bleibt: Fragen sie die Bedrängten in Hamburg, was Schill ihnen wirklich gebracht hat: Mut und Motivation oder Schimpf und Schein? Es ist Schimpf und Schein. Weder sozial gerecht, noch sozial und sicher.
Deshalb: Wer ernsthaft glaubt, blaue Polizei-Uniformen und eine Handvoll Leih-Polizisten aus Bayern könnten Probleme lösen, der sollte Schill wählen. Aber, davon bin ich überzeugt: Das wäre das Letzte, was Sachsen-Anhalt braucht.

5. Die PDS geht mit drei anerkannten Kompetenz-Feldern in den Wahlkampf. Soziale Gerechtigkeit, Frieden und Osten. Ich möchte ein viertes hinzu fügen: Demokratie und Bürgerrechte. Was immer auch Antifaschismus und Antirassismus einschließt. Und es bleibt dabei: Antifaschismus muss raus aus den Suchmaschinen des Verfassungsschutzes und rein ins Grundgesetz. Und natürlich in den Alltag, auch hier in Sachsen Anhalt, und auch das schaffen wir nur gemeinsam und mit langem Atem.

6. Schließlich: Als Berlinerin kann ich nur sagen: Wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn ihr, wenn Roland, in Halle ein Direktmandat gewinnt - im Gegenteil, ich wünsche euch, ich wünsche dir, lieber Roland Claus, dazu alles Gute. Zumal wir in Berlin diesmal etwas vorhaben, was ohnehin nur wir versuchen können. Wir wollen nämlich mit Kreuzberg-Friedrichhain erstmals einen Wahlkreis gewinnen, der Ost und West zugleich ist. Und auch im Regierungsbezirk Mitte, ebenfalls Halb-Ost, Halb-West, werden wir klar stellen: Die PDS ist die friedensbewegte Partei, die PDS ist ost-kompetent und zudem die Partei, die Ost und West noch immer ernsthaft einen will, nicht als Chef-Versprechen, sondern demokratisch, sozial und gerecht.

 

 

23.3.2002
www.petrapau.de

 

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