Tagesschau-Interview zum Rostocker Parteitag

www.tagesschau.de - 18.03.2002

tagesschau.de: Sind Sie mit dem verabschiedeten Wahlprogramm zufrieden?

Pau: Ich bin mit dem Wahlprogramm zufrieden, weil es aus meiner Sicht verständlich erklärt, wofür die PDS steht und wie sie soziale Gerechtigkeit, Friedenspolitik und Ausgleich und Einheit zwischen Ost und West umsetzen will.

tagesschau.de: Sie sind sozusagen die PDS-Botschafterin, zuständig für die Bund-Länder-Koordination. Wie wollen Sie den Westlern die PDS schmackhaft machen?

Pau: Die PDS muss sich vor Ort verankern, einerseits in der Zusammenarbeit mit den Initiativen, mit den Gewerkschaften, mit anderen. Aber das heißt auch, sich den kommunalpolitischen Mühen unterziehen und nicht etwa die sozialistische Republik ausrufen.

tagesschau.de: Auf dem Parteitag wurde einer Regierungsbeteiligung im Bund eine Absage erteilt. Mittelfristig stehen Sie aber für ein „Mitte-Links-Bündnis“. Wie wird das aussehen?

Pau: „Mitte-Links“ bedeutet zunächst mal Politik, unabhängig von den Parteien: Da ich nun aber weiß, dass die SPD in jedem Fall ein Partner sein müsste, ist die Frage, ob sie bereit ist, mittelfristig auch ihre Politik zu verändern. Mehr hin zur sozialen Gerechtigkeit mit der Suche nach zivilen Konfliktlösungsstrategien. Oder setzt man weiter darauf, politische Probleme mit Krieg zu bekämpfen. Wir werden in der Gesellschaft um unsere Positionen werben müssen, und gleichzeitig darf der Gesprächsfaden zur SPD nicht abreißen.

tagesschau.de: In Ihrer Partei gibt es genügend Stimmen, die gerne in der Opposition bleiben möchten. Sind Sie Ihrer Partei vielleicht einen Schritt voraus?

Pau: Wir haben vielen Mitgliedern in der Partei eins voraus: Wir sind täglich in der Bundespolitik in dieser persönlichen Auseinandersetzung, d.h. wir haben täglich den Praxistest, was die Programme bringen. Wichtig ist, so etwas wie strategische Autonomie zu haben, zu erklären, wofür wir stehen.

tagesschau.de: Es gibt einen Appell von PDS-Mitgliedern mit dem Titel „Schluss mit der Unterwürfigkeit“. Dieser Appell will das sozialistische Profil wieder stärken. Bekommen die Reformkräfte in der Partei demnächst ein Problem mit dem „linken“ Flügel?

Pau: Ich stelle mal in Frage, dass alle, die den Kurs des Parteivorstands kritisieren, links sind. Ich lasse mir nicht absprechen, dass ich linke und sozialistische Politik mache. Dass es Menschen gibt, die Bauchschmerzen haben, wenn die PDS aufgrund der Wahlerfolge in Regierungen beteiligt wird, halte ich einerseits für normal. Andererseits sind alle Anträge, die so etwas ins Wahlprogramm hinein haben wollten, hier mit riesengroßer Mehrheit abgelehnt worden. Ich sehe aber nicht die Parteispaltung oder gar die Spaltung der zukünftigen Bundestagsfraktion, wie sie so manch einer im Vorfeld des Parteitages an die Wand gemalt hat. Allen kann man es nicht recht machen.

tagesschau.de: Würden Sie - bei den parteiinternen Differenzen - nicht gerne mal den Turbo einschalten, und Dinge, die Sie auf den Weg bringen wollen, schneller entscheiden können?

Pau: Den Turbo habe ich in den letzten Jahren wirklich mehrfach eingeschaltet. Nicht nur, weil es mir zu langsam ging, sondern wir müssen natürlich aufpassen, dass wir an den gesellschaftlichen Debatten dran sind. Wenn ich im vergangenen Jahr gesehen habe, die Einwanderungsfrage rückt auf die Tagesordnung der gesellschaftlichen Debatte, dann kann ich nicht sagen, die PDS braucht noch vier Parteitage, ehe sie sich überhaupt mit dem Thema beschäftigt. Ich muss dafür sorgen, dass die PDS zu diesem Zeitpunkt ein eigenes Konzept vorliegen hat.

Das Gespräch führte Judith Nafziger

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18.3.2002
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