Aktuelle Notiz:  Solidarsysteme

von Petra Pau, 14. September 2002

Die Zukunft der Sozialsysteme ist eines der Themen, die den 2002er Wahlkampf prägen. Am Stand auf der Straße ebenso, wie in TV-Gespächsrunden. Dabei wird schön geredet, was das Zeugs hält, durch Rot-Grün, durch Schwarz-Gelb. Allen gemein ist, dass sie das Solidar-Prinzip zu Lasten der Bedürftigen preisgeben. Der FDP muss zugute gehalten werden: sie gibt zu, das sie genau das will. Wir haben es mit rot-grünen Taschendieben und gelben Hasardeuren zu tun.

Beispiel 'Riester'-Rente

Sie wurde durch Rot-Grün eingeführt. Das von Walter Riester geführte Bundesministerium umwirbt sie mit dem Slogan: „Mehr Rente, neue Solidarität!“

Das ist, mit Verlaub, rotzfrech gelogen. Denn es gibt künftig nicht mehr Rente, im Gegenteil, und die 'neue' Solidarität bedeutet weniger Füreinander.

Bislang zahlten Arbeitgeber und Arbeitnehmer den monatlichen Rentenbeitrag paritätisch, also Halbe-Halbe ein. Das wird künftig nicht mehr sein, zu Lasten der Arbeitnehmer. Zugleich wurde der Betrag, den Rentnerinnen und Rentner künftig zu erwarten haben, deutlich gesenkt. Um den Verlust etwas auszugleichen, wird ihnen die sogenannte Riester-Rente angeboten. Eine privat zu zahlende Versicherung, zu der es staatliche Zuschüssse geben kann.

Das ist so, als würde ein Taschendieb ihnen die Geldbörse klauen und ihnen hernach eine günstige Diebstahls-Versicherung anbieten.

Beispiel: 'Möllemann'-Versicherung

Sie würde nach dem Motto funktionieren: Was fürs Auto gut ist, kann für die Menschen nicht schlecht sein.

Jede und jeder sollte sich nach Gutdünken gegen Krankheiten, Unfälle usw. selbst versichern. Demnach gäbe es Policen für eine Gesundheits-Grundsicherung, andere für gehobene Ansprüche, schließlich auch Verträge für alle Fälle - also Voll-, Halb- und Viertel-Kasko, je nach Belieben und nach finanziellem Vermögen.

Ob die Wahl gut und ausreichend war, wird sich später erweisen. Die Reparatur, also die Arzt-Rechnung, ist obendrein cash zu zahlen. Danach wird man sehen, was versichert ist und was nicht.

Das ganze hat zynische Züge. Denn niemand kann bei Vertragsabschluss wissen, welche Schicksalsschläge das Leben bringen wird. Obendrein wird der Bruch mit dem Solidaritäts-Prinzip zum Programm erhoben. Die Gesunden helfen nicht mehr den Kranken, die Vermögenden nicht mehr den Armen, jeder und jede würde für sich selbst zuständig, Privat ginge vor Katastrophe.

Unbedingt: Reform-Bedarf

Kein Zweifel: Die Sozialsysteme müssen reformiert werden. Sie wurden zu Bismarcks Zeiten begründet. Sie funktionieren, so wie sie sind, heute und in Zukunft nicht mehr. Die Arbeitswelt hat sich grundlegend verändert. Auch die demografischen Daten drängen, Neues zu schaffen. Das alles ist unbestritten.

Die PDS bestreitet indes heftig, was andere unterstellen. Wir meinen: Das Solidar-Prinzip ist weder überholt, noch am Ende. Es muss modern, zukunftsfähig, also neu begründet werden. Dazu gibt es alternative Vorschläge, auch von der PDS. Zu finden unter anderem in der „A-Z“-Broschüre der Bundestagsfraktion oder unter www.sozialisten.de.
 

 

 

14.9.2002
www.petra-pau.de

 

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