Auslandseinsätze und Linkspartei

Sehr geehrte Frau Pau,

wie können Sie Bundeswehreinsätze im Ausland generell ablehnen, selbst wenn Einsätze zum Beispiel in Bosnien (EUFOR) oder im Kosovo (KFOR) die dortigen Bewohner vor Verbrechen gegen die Menschlichkeit schützen? Meine Frage richtet sich speziell auf die generelle Ablehnung von Bundeswehrauslandseinsätzen, nicht auf spezielle Einsätze, wie in die ISAF Mission in Afghanistan.

Mit freundlichen Grüßen
Dietmar Klein
Rheinland-Pfalz
23. August 2005

Sehr geehrter Dietmar Klein,

meine erste Antwort ist formal-rechtlich, aber deswegen nicht beiläufig. Das Grundgesetz sieht keine Auslandseinsätze der Bundeswehr vor, jedenfalls nicht als Normalfall. Auslandseinsätze sind aber inzwischen die Normalität und nicht mehr die definierte Ausnahme. Das lehne ich ab.

Meine zweite Antwort bringt mich in Konflikt zu meiner eigenen Partei. Gesine Lötzsch und ich, wir haben im Bundestag - mit einer Ausnahme, bei der wir uns enthalten haben - immer mit Nein gestimmt. Aber wir haben nie stur oder generell mit Nein gestimmt. Wir haben jeden einzelnen Fall geprüft und dann entschieden.

Meine dritte Antwort zeigt eine Differenz zwischen Ihnen und mir. Ich bin der Meinung, Militäreinsätze dürfen nicht wider das Völkerrecht geführt werden. Das war aber in Jugoslawien der Fall. Deshalb waren wir prinzipiell dagegen.

Andersherum: Selbst wenn ein (internationaler) Militäreinsatz nicht mit dem geltenden Völkerrecht kollidiert, muss er trotzdem politisch nicht klug sein. Deshalb haben wir auch alle Afghanistan-Einsätze abgelehnt, den Krieg gegen den Irak sowieso.

Zu allen Kriterien und Differenzen kommt eine übergeordnete Frage: Nämlich die nach dem Verhältnis zwischen militärischen und humanitären Interventionen, zwischen Militärindustrie und Entwicklungshilfe. Noch immer gilt: Die Waffen werden weltweit und mit Gewinn vorausgeschickt. Und der Staat schickt Truppen hinterher, wenn die Waffen nicht in seinem Sinne gebraucht werden. Das ist und bleibt schizophren. Und das trifft bei genauem Hinsehen auf die meisten Fälle zu.

Ich will meine Antwort mit einem Beispiel abrunden. Es stammt nicht von mir, sondern von Eugen Drewermann. Aber ich finde es plastisch. Wir erleben zunehmend Umwelt- und andere Katastrophen. Der Tsunami in Süd-Ost-Asien zum Jahreswechsel war nur ein Beispiel unter vielen. Jedes mal reagieren wir - wenn überhaupt - unvorbereitet, hektisch.

Wir - womit ich die großen Industrieländer meine - klotzen mit Militär-Milliarden. Die USA investiert in Flugzeugträger, die jederzeit und überall eingreifen können und sollen. Warum gibt es noch immer - besser stattdessen - keine zivilen Flugzeugträger, mit Krankenstationen, Notunterkünften, mit Rot-Kreuz- oder Halb-Mond-Hubschrauber, mit Wasser- und Nahrungsreserven?

Mit solidarischen Grüßen

Petra Pau
25. August 2005

 

 

25.8.2005
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

 

 

Treffpunkt

 

Startseite