Reform statt Polemik

Frage: Meinen Sie nicht eine Stärkung des Arbeitsmarktes, sowie eine finanzierbare Lösung des sozialen Netzes ist eine sinnvolle Alternative zu einer Stärkung des Nichtstuns? Was spricht Ihrer Meinung nach gegen Einschnitte bei Menschen die nicht willig sind zu arbeiten (denn genau hier greift die 'Reform').
Anstatt eine Reform mit zu tragen (Entschuldigung, aber mit 2 Direktmandaten hat man nun mal in der Demokratie nicht viel zu fordern/bestimmen), wählt die PDS eine auf Stimmenfang ausgelegte, polemische 'Debatte'. Wie kann eine Partei glaubwürdig sein, wenn Sie fordert ohne Konzepte, kritisiert ohne Alternativen anzubieten?
Für mich, der ich mich politisch im mitte-rechts Lager einstufen würde, war, ist und wird die PDS keine Alternative sein. Denn betrachtet man die Weltwirtschaft, so muss man erkennen, dass gerade die Länder, welche für eine freie Marktwirtschaft stehen (z. B. die USA), in der Lage waren einen positiven Staatshaushalt vorzulegen und damit Schulden zurückzahlen zu können. Ein überregulierter Markt wird niemals das schaffen, was sich so viele Menschen wünschen, nämlich Arbeitsplätze.

Tristan Holl, NRW, Soest
14. September 2004

Sehr geehrter Tristan Holl,

Sie haben ein Bündel von Fragen gestellt. Ich versuche sie zu sortieren und in der gebotene Kürze zu antworten:

1. 

Ich bin sehr für finanzierbare Lösungen des „sozialen Netzes“. Deshalb bin ich auch dagegen, dass die Wohlhabenden und die Unternehmen immer mehr aus ihrer Sozialpflicht entlassen werden. Das aber ist der Kern der „Agenda 2010“.

2. 

Die so genannte "Hartz"-Reform zielt nicht darauf, Arbeitsunwillige anzuspornen. Das ist Propaganda, schlechte obendrein. Entscheidend ist: Die Probleme der Massenarbeitslosigkeit werden auf die Betroffenen abgewälzt und die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von Unten nach Oben wird forciert.

3. 

Wir tragen gerne Reformen mit, wir fordern sie sogar. Aber es müssen Reformen sein, also Änderungen zum Besseren. Was besser ist, bleibt natürlich immer eine Frage der Perspektive. Ich bevorzuge die der Benachteiligten und nicht die der ALDIs, Schumis oder Essers.

4. 

Mit zwei Direktmandaten kann man nun mal in einer Demokratie nicht viel mitbestimmen, schreiben Sie. Das stimmt. Deshalb kämpfen wir ja auch darum, 2006 als gestärkte Fraktion wieder in den Bundestag zu kommen. Mit zwei Mandaten vertreten wir allerdings direkt auch 110.000 Wählerinnen und Wähler - und indirekt viel mehr.

5. 

Die PDS fordere nur, ohne eigene Konzepte, schreiben Sie. Das ist kein guter Vorwurf. Ihre e-mail-adresse lautet: politik/at/... .de. Das heißt, Sie weisen sich selber als politik-interessiert aus und Sie haben einen Internet-Zugang. Ich empfehle Ihnen die web-Seite www.sozialisten.de. Dort finden Sie die Alternativen der PDS, die Sie bisher übersehen haben oder übersehen wollten. Sie müssen sie nicht teilen. Aber falsch Zeugnis reden sollten Sie auch nicht.

6. 

Für Sie ist die PDS keine Alternative, weil Sie sich eher Mitte-Rechts verorten, schreiben Sie weiter. Gut, oder auch nicht. Für mich ist Mitte-Rechts wiederum keine Alternative, weil ich mich sozial engagiere. Aber Vorsicht beim Lagerdenken. Es gibt immer Ausnahmen von der gepflegten Regel. Letztlich zählen nicht Lager. Wichtiger ist Denken.

7. 

Das trifft übrigens auch auf die USA zu. Meine Informationen sagen: Die Staatsschulden sind enorm gestiegen, die Armut auch. Wer Kriege sucht und führt zahlt halt einen hohen Preis oder genauer: er lässt ihn zahlen. Kein gutes Vorbild, finde ich. Auch deshalb bin ich dagegen. Ganz zu schweigen vom wenig sozialen Staat USA.

8. 

Schließlich werben Sie für die freie Marktwirtschaft. Damit schwimmen Sie im mainstream. Das ist bequem, aber nicht unbedingt klug. Womöglich wähnen Sie sogar die künftige EU-Verfassung auf Ihrer Seite. Sie laviert zwischen freier und sozialer Marktwirtschaft. Sie ahnen sicher, was ich davon halte: Wiederum nichts!

9. 

Der Markt an sich ist sozial und ökologisch blind. Er folgt eigenen Gesetzen. Deshalb muss die Politik Rahmen und Ziele setzen, sie muss regulieren - mit Staatszielen, Gesetzen und Steuern. Deregulierung ist ein Mode-Wort. Ich will konkret wissen, was jeweils gemeint ist.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau
PDS im Bundestag
15. September 2004

 

 

15.9.2004
www.petra-pau.de

 

Seitenanfang

 

 

 

Treffpunkt

 

Startseite