Es gibt kein Jein zum Krieg

Petra Pau auf der Pressekonferenz am 02. Dezember 2002

Nichts sagen werde ich zum Thema „Tische und Telefone“, wohl aber zum „FDP-Fall“ Möllemann. Die FDP-Fraktion hat bekanntlich angekündigt, Möllemann aus ihrer Bundestags-Fraktion auszuschließen. So was soll vorkommen, oder um Bild zu bleiben: „Auf manchem Schiff, das dampft und segelt, wird auch mal über Bord gekegelt.“ So weit ist dies allein Sache der FDP. Eines geht allerdings nicht. Ich zitiere Wolfgang Gerhardt: Wenn es so kommt, dann könne man ihm, also Möllemann, „ja einen Stuhl bei der PDS dran nageln“. Deshalb noch mal ganz klar: Die PDS im Bundestag ist nicht Guidos Resterampe. Wir sind offen für Menschen in Not. Möllemann gehört ausdrücklich nicht dazu.

I. Krieg und Wehrpflicht

1. 

Grundsätzlich: Sollte es zu einem Krieg der USA - mit wem auch immer - gegen den Irak kommen, dann wäre das ein Angriffs-Krieg. Ein Angriffs-Krieg ist durch die UN-Charta nicht gedeckt. Und er wäre zugleich Grundgesetz widrig.

2. 

Deshalb ein paar Worte zum Thema „Überflug-Rechte“. Für CDU/CSU ist das Bündnis-Pflicht. Für die SPD-Spitze ist das ein Freundschafts-Dienst. Bei den Grünen wird darüber immerhin noch diskutiert. So meint Partei-Vorsitzende Claudia Roth: deutsche Überflugrechte Ja, wenn es ein UNO-Mandat gibt, sonst nicht. Das ist absurd. Es gibt kein UNO-Recht, das Deutschland einen Krieg oder eine Kriegsbeteiligung aufzwingen würde. Es gibt keine Bündnis-Pflicht, die Deutschland zum Aufmarschgebiet macht. Und vor allem: Es gibt kein Jein zum Krieg! Genau das versucht aber Rot-Grün - mit semantischen Purzelbäumen und mit juristischen Nebelkerzen.

3. 

Die PDS bleibt dabei. Unser Wort sei Nein-Nein. Deshalb lehnen wir auch jede noch so kleine indirekte Beteiligung ab: Also keinerlei deutsche Überflugrechte, also Rückzug der deutschen Spürpanzer aus dem Kuwait und der Bundeswehr-Flotille am Horn von Afrika, also auch keine finanzielle Beteiligung durch die Hintertür.

4. 

Zugleich werde ich in der General-Debatte im Bundestag die saarländische SPD ermutigen. Sie will die Wehrpflicht und daraus abgeleiteter Zwangsdienste abschaffen. Das begrüße ich ausdrücklich, denn Wehrpflicht und Zwangsdienste sind Relikte. Sie sind mit einer modernen, bürgerrechtliche Gesellschaft nicht vereinbar.

II. Haushalt und Steuern

Der Haushalt wird in erster Lesung diskutiert. Wie viele der über 600 Abgeordneten wissen, worüber sie eigentlich reden, weiß ich nicht. Ich vermute: Tendenz Null ! Vor allem aber weiß niemand, was von den vorliegenden Haushalts-Zahlen im März 2003 noch gilt. Uns interessiert nicht der Lügen-Streit. Solche Mätzchen überlassen wir den großen Volks-Parteien. Uns interessiert, wer wird zur Kasse gebeten, um die Einnahmen zu verbessern? Und wie werden Prioritäten gesetzt, um weitere Schieflagen zu vermeiden?

Kurz gesagt: Die rot-grüne Steuerpolitik ist halbherzig bis falsch: a) Die Wiederreinführung der Vermögenssteuer wird geduldet, nicht befördert. b) Der Spitzensteuersatz wird gesenkt, statt erhoben. c) Spekulations-Gewinne werden befördert, nicht besteuert. Mit den vorliegenden Vorschlägen der PDS - allein auf der Einnahme-Seite - ließen sich 50 bis 60 Mrd. Euro jährlich gewinnen. Kurz um: Es gibt keine rot-grüne Wende, die Kohl-Waigel-Politik wütet fort: Umverteilung von unten nach oben. Dazu gehört auch die Spekulation um höhere Mehrwert-Steuern.

CDU und FDP gehen immer wieder mit dem Argument hausieren: „Die Bürger zahlen mehr Steuern, als sie für sich behalten!“ Das Argument zieht, es ist nachvollziehbar. Nur: Solange eine legal beschäftigte Putzfrau oder ein sich selbst ausbeutender Computer-Experte mehr Steuern zahlt, als weltweit agierende Gewinn-Konzerne, solange ist das Bild schief und die Botschaft verlogen!

III. Sozial-Systeme

Die Zukunft der Sozial-Systeme ist ein Thema, das die gesamte Legislatur durchzieht. Es wird auch diese Bundestags-Woche präsent sein. Dazu drei Anmerkungen:

1. 

Egal ob Renten- oder Gesundheits-System: es läuft auf Entsolidarisierung, Privatisierung und Entsicherung hinaus.

2. 

Unabhängig davon, wie man sie politisch bewertet: die Einzel-Debatten ergeben kein logisches Gesamt-Werk.

3. 

Was auf dem „Markt“ der Möglichkeiten gehandelt wird, ist weder ost-, noch zukunftstauglich.

Punkt 2 - die fehlende Logik - will ich ihnen kurz skizzieren. Beispiel Arbeitszeit: Sprechen die Arbeitsmarkt-Politiker, dann gilt: Die Lebensarbeitszeit muss zugunsten von mehr Beschäftigten verkürzt werden. Sprechen die Sozial-Politiker, dann gilt: Die Lebensarbeitszeit sollte zugunsten der Gerechtigkeit verlängert werden. Sprechen die Schul-Politiker, dann gilt: Die Lebensarbeitszeit müsse zugunsten von mehr Bildung verkürzt werden. Das ist Hü-Hott-Politik, untauglich für Pferde, erst Recht fürs 21. Jahrhundert. Insofern haben alle recht die sagen: Rot-Grün hat kein Kommunikations-Problem, Rot-Grün hat ein Substanz-Problem.

Ich las an diesem Wochenende (Zitat): „Die Grünen verlangen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ... eine Zusage, dass auch die Überlegungen der Rürup-Kommission zur Reform des Renten- und Gesundheitswesens sofort umgesetzt“ werden. Die Rürup-Kommission hat noch nicht mal was vorgelegt. Aber dieses Nichts soll „sofort“ umgesetzt werden. Mehr tiefer Grünsinn war wohl nie! Das macht die Opposition zur Rechten nicht besser, im Gegenteil! Die Groß-Probleme, wie Demokratie, Arbeitswelt, Gerechtigkeit, Frieden und Nachhaltigkeit, werden nicht wirklich angegangen. Das ruft nach Opposition.
 

Berlin, den 2. Dezember 2002

 

 

2.12.2002
www.petra-pau.de

 

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