Lausitzer Rundschau

Petra Pau: „Ein Verbotsantrag gegen die NPD wäre im Moment grob fahrlässig“

Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau im LAUSITZER RUNDSCHAU-Gespräch, 28. Juli 2007

Ein Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte 2003 beim Bundesverfassungsgericht, weil viele Beweise von Geheimdienstlern stammten, die die Partei unterwandert hatten. An dem Zustand hat sich seither wenig geändert. Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) fordert im Gespräch mit der RUNDSCHAU ein sofortiges Abschalten der V-Leute des Verfassungsschutzes. Cottbus zeigt der NPD heute die kalte Schulter und protestiert so gegen den Aufmarsch von Anhängern der rechtsextremen Partei.

Sind Sie für ein neues NPD-Verbotsverfahren?

Hierzu gibt es in der Linken unterschiedliche Auffassungen. Wir sind uns aber einig: Ein neues Verbotsverfahren muss rechtsstaatlich korrekt und vor allem erfolgreich sein. Deshalb müsste zuerst das größte Hindernis für ein Verbot beseitigt werden. Das sind die V-Leute des Verfassungsschutzes. Sie müssen sofort abgeschaltet werden.

Und dann soll wieder ein neuer Versuch beim Verfassungsgericht gemacht werden?

Wenn es gelingt, diese Partei zu verbieten, ist wenigstens der unappetitliche Zustand beendet, dass diese Verfassungsfeinde noch durch Steuergelder gesponsert werden. Den Rechtsextremismus sind wir damit natürlich nicht los. Täglich werden in Deutschland - und zwar bundesweit - mehr als zwei Gewalttaten von Rechtsextremisten verübt. Das Problem ist also viel größer als die NPD.

Ist denn die Beschattung der NPD nach 2003 unverändert weitergegangen?

Nur das Land Berlin hat umgesteuert und seine V-Leute zurückgezogen. Überall sonst, wo wir nachgefragt haben, ob bei der Bundesregierung oder bei Landesregierungen, wurde uns gesagt, dass man überhaupt nicht daran denkt, V-Leute abzuschalten. Das Verfassungsgericht hat damals erklärt, es könne nicht mehr unterscheiden, was bei der NPD originär von der Partei stammt und was von bezahlten Provokateuren der Innenministerien. Das ist heute offensichtlich nicht anders. Im Moment wäre ein Verbotsantrag grob fahrlässig. Bei einem Scheitern würde die NPD einen Aufschwung bekommen und die Hemmschwelle, sie zu unterstützen, sei es als Wähler oder als Mitglied, würde sinken. Kurzum: Man kann nicht monatelang wie etliche SPD-Politiker öffentlich über ein NPD-Verbot reden, aber nichts dafür tun.

Braucht man denn nicht die V-Leute, weil man sonst nichts weiß über die NPD und schon gar keine Beweise gegen sie sammeln kann?

Man findet in den Reden von Landtagsabgeordneten und in den Wahlkampfauftritten dieser Partei sehr viele Beispiele für deren Verfassungsfeindlichkeit. Die V-Leute liefern nicht sehr viel Brauchbares. Die Bundesregierung hat uns sogar auf eine Anfrage geantwortet, dass sie weitgehend ahnungslos ist, was sich in der rechten Szene tut.

In Sachsen und anderen Landtagen war zu beobachten, dass sich die rechtsextremen Fraktionen schnell selbst zerlegten.

Auf derartige Tendenzen der Selbstzerstörung würde ich nicht setzen. Die NPD nutzt die ihr zufließenden Wahlkampfgelder sehr effizient für ihre Propaganda und für die Mitgliederwerbung. Sie festigt sich immer mehr, nicht nur im Osten.

Mit Petra Pau sprach Werner Kolhoff

 

 

28.7.2007
www.petra-pau.de

 

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