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Christenlehre mit Halstuch

PDS-Politikerin Petra Pau über Weihnachten und ihre christlichen Wurzeln
Märkische Allgemeine, 21. Dezember 2004

Weihnachtlicher Schmuck für ein Foto ist im ganzen Karl-Liebknecht-Haus, der PDS-Bundeszentrale, nicht mehr zu finden. Ein einsamer Adventskalender baumelt neben einer Tür. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau (41) hat dennoch ein besonderes Verhältnis zum „Christfest“. Mit ihr sprach Ralf Schuler.

Woran denken Sie beim Thema Weihnachten, Frau Pau?

Da sind die Erinnerungen an meine Kindheit am Berliner Nöldnerplatz, gegenüber der Erlöserkirche. Da ist die Vorfreude auf das Fest, und natürlich denke ich auch an den Weihnachtsbaum, der am 24. Dezember vor dem Mittagessen geschmückt werden sollte. Das zog sich dann doch meistens bis in den späten Nachmittag hin, weil mein Vater doch immer noch etwas zu richten und zu verbessern hatte. Danach wurde es ruhig, Oma und Opa kamen. Wenn es doch mal Streit gab wegen des Baumes, haben meine Schwester und ich das nicht so mitbekommen, weil wir rasch in die Kirche zum Krippenspiel gegangen sind.

Sie haben einen evangelischen Kindergarten besucht, sind getauft und konfirmiert - nicht gerade typisch für eine PDS-Karriere. Wie kam es dazu?

Meine Eltern waren der Meinung, wir Kinder sollten unser Verhältnis zur Religion später selbst entscheiden. Christenlehre und Konfirmanden-Unterricht sahen sie wohl als Grundlage für diese Entscheidung an. Deshalb habe ich Weihnachten eher als christliches Fest und am Abend dann als Familienfest erlebt.

Welche Rolle haben Sie im Krippenspiel gehabt?

Hirte, Kind in der Menge - bis zur Maria habe ich es nicht gebracht.

Wie haben Sie ihre christliche Erziehung in der Schule wahrgenommen? War es kein Widerspruch zur Unterrichtsdoktrin?

Ich habe wahrscheinlich Glück gehabt, dass ich tolerante Lehrer hatte und es unter den Mitschülern keine Rolle spielte. Die allgemeine Verdrängung der Religion aus dem öffentlichen Leben in der DDR habe ich hautnah erst erlebt, als ich zum Studium ging. Als Kunsterzieherin habe ich festgestellt, dass viele meiner Komilitonen sich Werke mit christlichen Motiven inhaltlich nicht erschließen konnten, nur technisch, weil sie die Geschichten dahinter nicht kannten. Da habe ich schon empfunden, dass sie um einiges ärmer waren.

In der Schule sind Sie nie damit angeeckt?

Nein. Es hat niemanden gestört. Ich war in den Pionieren, später in der FDJ, und habe auch Jugendweihe gemacht. Als ich 16 wurde, bin ich allerdings aus der Kirche ausgetreten, weil ich mit der Institution nichts mehr anfangen konnte.

Der Glaube hat sich Ihnen also nicht erschlossen?

Das ist etwas ganz anderes. Mein Glaube muss nicht in der Kirche verwaltet werden. Ich habe die Kirche aber auch nicht so erfahren, dass sie mich aufgehoben hätte. Und, das sollte man natürlich auch nicht verschweigen: Beim Studium erwartete man, dass man nicht gleichzeitig Kirchenmitglied war.

Würden Sie sich als Christin bezeichnen?

Ich habe meinen ganz eigenen Glauben, den ich gar nicht präzise beschreiben kann. Der eine Gott - das ist für mich nicht umreißbar. Aber ich glaube schon, dass etwas da ist, was uns hoffentlich immer wieder mal Vernunft eingibt. Mein Mann ist Mathematiker, er findet: „Das gibt es nicht.“ Aber bei mir gab es schwierige Momente im Leben, in denen ich froh war, in meine Erlöserkirche gehen zu können. Vielleicht war es die Geborgenheit der Kindheit, die ich dort wieder aufsuchen wollte.

Sie haben später als Pionierleiterin gearbeitet. Wie haben Sie denn Ihr privates Erleben in Einklang bringen können, mit dem, was man staatlicherseits von Ihnen forderte?

Dadurch, dass ich sehr viel Toleranz erlebt habe, fiel es mir an meiner Schule im Prenzlauer Berg leichter, mit Schülern umzugehen, die zum Beispiel nicht in den Pionieren waren. Ich habe den Marxismus nie als Ersatzreligion gesehen. Heute weiß ich, dass es zum Teil schon so gewollt war. Diesen Widerspruch zwischen Staatsdoktrin und persönlichen Prägungen habe ich so nicht gespürt. Dass es aber auch Ausgrenzungen gab, wenn jemand in der Kirche war, habe ich (aber) doch bemerkt.

Hat die PDS ihr Verhältnis zur Religion gefunden?

In meinen Augen schon. Aber es gibt auch immer noch einige Genossen, für die es eine Provokation ist, dass es eine „Arbeitsgemeinschaft Christen in der PDS“ gibt.

Wen oder was feiern Sie also am 24. Dezember: das Christkindlein in der Krippe oder den Weihnachtsmann?

Beides nicht. Ich werde am 24. Dezember in eine Begegnungsstätte in meinem Wahlkreis gehen, wo sich Menschen, christliche wie nichtchristliche treffen, die sonst allein zu Hause sitzen müssten. Wahrscheinlich wird da wohl der Weihnachtsmann mit kleinen Geschenken kommen. Aber bei den Weihnachtsliedern, gibt es ja mehr christliche als andere.
 

 

 

21.12.2004
www.petra-pau.de

 

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