Nach Wahldebakel und PDS-Parteitag: Im Bundestag auf verlorenem Posten?

jW sprach mit Petra Pau, eine der beiden verbliebenen Bundestagsabgeordneten der PDS

Junge Welt, 24. 10. 2002

Wenn man die Bilder von Ihren Sitzen im Bundestag sieht, bekommt man den Eindruck, Sie sollen in die Ecke gestellt werden. Wie ist der Stand der Auseinandersetzung mit der Bundestagsverwaltung?

Es ist jetzt an den Abgeordneten des Bundestages, souverän zu entscheiden, ob sie zwei Mitglieder des Hauses in dieser Weise ausgrenzen wollen. Ich gehe davon aus, daß übernächste Woche der Geschäftsordnungsausschuß sich mit unserem Antrag auf Anerkennung als Gruppe beschäftigt.

Bei der Wahl des Kanzlers am Dienstag gab es zwei Enthaltungen. Waren die von Ihnen?

Frau Lötzsch und ich haben mit Nein gestimmt.

Und beim Mazedonien-Einsatz?

Ebenso. Immer, wenn es um Kriegseinsätze geht, werden Lageberichte herangezogen, die ein bedrohliches Bild der Situation malen. Wenn es hingegen ums Humanitäre geht, zum Beispiel um die Lage von Flüchtlingen und Asylbewerbern, werden verharmlosende Lageberichte benutzt, damit man abschieben kann. So geht es zum Beispiel derzeit den Roma, die nach Mazedonien abgeschoben werden sollen. Das haben wir am Mittwoch im Bundestag kritisiert und gegen den Einsatz der Bundeswehr gestimmt.

Was sind Ihre nächsten Vorhaben in dieser Legislaturperiode?

Gesine Lötzsch und ich werden uns für die PDS im Bundestag auf Schwerpunkte beschränken. Wir werden in der nächsten Woche auf die Regierungserklärung des Bundeskanzlers reagieren, die Koalitionsvereinbarung in ihren Schwerpunkten nicht nur kritisieren, sondern mit unseren Alternativen aus dem Wahlprogramm der PDS konfrontieren. Dann werden wir in den Haushaltsberatungen im Dezember viel Wert darauf legen, daß die Schwerpunkte der PDS, wie mehr soziale Gerechtigkeit, Frieden im Inneren und Äußeren und tatsächliche Vereinigung auch auf der parlamentarischen Bühne Gehör finden. Weitere Themen werden für uns die EU-Osterweiterung und vor allen Dingen die notwendige Reform und Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme sein.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem neuen Bundesvorstand aus. Nehmen Sie an dessen Sitzungen teil?

Das wird sich zeigen. Die Parteivorsitzende will vorschlagen, daß in die Geschäftsordnung ein ständiges Gastrecht der beiden Bundestagsabgeordneten aufgenommen wird.

Sie haben auf dem Parteitag in Gera und im Vorfeld zu den Gegner der alten und neuen Vorsitzenden Gabi Zimmer gehört. Wie stellt sich aus Ihrer Sicht inzwischen das Klima dar?

Ich habe nicht zu den Gegnern der Vorsitzenden, sondern zu den Gegnern ihres Politikkonzeptes gehört. Und ich erlaube mir auch heute, das, was dort beschlossen wurde, zu kritisieren. Das schließt ja nicht aus, daß man normal miteinander umgeht und in der politischen Debatte bleibt.

Was kritisieren Sie? Daß die PDS Opposition sein will?

Ich bin nicht dagegen, daß sich die PDS als Opposition profiliert, ganz im Gegenteil. Man sollte aber nicht das Parlamentarische und das Außerparlamentarische gegeneinander stellen. Vor allem muß die PDS als politische Partei agieren und darf sich nicht mit der Bewegung verwechseln, sonst kann sie für diese kaum hilfreich sein.
 

Interview: Hannes Kleber

 

 

24.10.2002
www.petra-pau.de

 

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