IM WORTLAUT

DIE FRAKTION IN DEN MEDIEN

V-Leute sind keine braven Informanten

24. Februar 2013

Petra Pau, Obfrau für DIE LINKE im Untersuchungsausschuss des Bundestages, der die NSU-Mordserie aufklären soll, mit einem Ausblick auf die Anhörungen in dieser Woche, die V-Leute-Praxis und Geld, das der Staat V-Leuten zahlte, die damit die Nazi-Szene finanzierten

Auch diese Woche wird der Untersuchungsausschuss zum NSU-Nazi-Desaster wieder zwei Mal tagen. Wobei die Zeugen für Donnerstag nur mit Kürzel, nicht mit Namen aufgeführt sind. Warum?

Petra Pau
Geladen sind drei V-Mann-Führer, zwei vom Thüringer Verfassungsschutz, einer vom Brandenburger. Sie gelten als geheim.

Was sind V-Mann-Führer?

Einen Schritt zurück: V-Leute sind Informanten aus der jeweils beobachteten Szene. Im konkreten Fall also Nazis, die im Amtsdeutsch „Quelle“ heißen.

Und V-Mann-Führer sind demnach Beamte, die diese Nazis führen, richtig?

Ja, wie auch immer.

Und um welche V-Leute geht es?

Um Tino Brandt aus Thüringen und „Piato“ aus Brandenburg, beides Hardcore-Nazis.

Woraus schließen Sie das?

Tino Brandt war eine zentrale Figur in der Thüringer Nazi-Szene, auch maßgeblich beim Aufbau am „Thüringer Heimatschutz“, aus dem auch das NSU-Trio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe hervorgingen. Allein gegen Brandt liefen 35 Ermittlungsverfahren.

„Piato“ ist ein Deckname, oder?

Ja, er war unter anderem wegen versuchten Mordes an einem Nigerianer verurteilt. Als V-Mann erhielt er dann Hafterleichterung. Schließlich wurde er vorzeitig entlassen, nachdem er ein Praktikum absolviert und eine Festanstellung in Aussicht hatte.

Ein Aussteiger?

Mitnichten! Besagtes Praktikum in einem Nazi-Szene-Laden in Sachsen wurde ihm offenbar vom Verfassungsschutz vermittelt. Die Inhaberin wiederum hatte NSU-Zschäpe zu einer falschen Identität im Untergrund verholfen. Nazis Hand in Hand, mit Staates Segen.

Aus Sicht des Verfassungsschutzes war das sicher eine gut platzierte Top-Quelle?

Es hat nur auch bei der Suche nach dem NSU-Nazi-Trio nichts gebracht, warum auch immer. Beide, Brandt und „Piato“, belegen viel mehr: V-Leute sind keine braven Informanten von nebenan, sondern vom Staat gekaufte Spitzel und bezahlte Täter. Zu Brandt ist übermittelt, dass er rund 100.000 DM vom Staat kassierte und damit die Nazi-Szene aufbauen konnte. Auch deshalb fordert DIE LINKE, die V-Leute-Praxis sofort zu beenden.

Werden die V-Leute selbst auch noch im Untersuchungsausschuss vernommen?

Ich bin strikt dagegen, kriminellen Nazis ein Podium zu bieten.

Soweit zum Untersuchungsausschuss am Donnerstag, was folgt am Freitag?

Es gab Zeugen, die sich in ein und derselben Frage widersprachen. Dabei ging es um die Bearbeitung und Bewertung von Asservaten, die zur frühen Ergreifung des Nazi-Trios hätten führen können. Einer von beiden Kriminalbeamten kann nur Recht haben. Wer, das wollen wir mit einer Gegenüberstellung klären.

Außerdem las ich in der Ausschuss-Vorschau den Namen Engelke. War der nicht schon mal als Zeuge geladen?

Ministerial-Dirigent Hans-Georg Engelke wurde von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) als Sonderermittler berufen. Er sollte klären, warum und unter welchen Umständen in Ministerien und Behörden plötzlich Akten vernichtet wurden, die einen Bezug zum NSU-Skandal hatten.

Und, was hat er herausbekommen?

Das wollen wir gerne wissen.

Gespräch: Rainer Brandt

linksfraktion.de, 24. Februar 2013

 

 

24.2.2013
www.petra-pau.de

 

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