Verfassungsschutz: auflösen, nicht adeln

Bundestag, 13. September 2012, Haushaltsdebatte, Innen-Ressort
Rede von Petra Pau

1. 

Vor zehn Monaten, am 4. November 2011, wurde ein innenpolitischer Super-Gau publik. Ein Nazi-Trio namens „Nationalsozialistischer Untergrund“ war mehr als zehn Jahre lang mordend und raubend durch die Bundesrepublik Deutschland gezogen - unerkannt und unbehelligt.
 
Neun Menschen, acht türkischer Herkunft und einer mit griechischen Wurzeln, wurden regelrecht hingerichtet. Außerdem erschossen sie eine Polizistin. So lautet die offiziell erzählte Geschichte. Man muss allerdings viele Fragezeichen übersehen, um dieser Version arglos zu folgen.
 
Seit einem halben Jahr versuchen wir im Untersuchungsausschuss Licht ins Dunkel zu bringen. Ich merke an: bisher konstruktiv, fraktions-übergreifend, ohne parteipolitisches Gezänk. Das finde ich politisch angemessen. Wir sind es den Opfern schuldig.

2. 

Nach allen bisherigen Untersuchungen gibt es mehr Fragen als Antworten. Es wimmelt nur so von Ungereimtheiten. Auch meine zentrale Frage ist weiterhin ungeklärt: Warum wurde die rechtsextreme Gefahr so lange, so gründlich, so tödlich unterschätzt? Und warum noch immer?
 
Eine Annahme erhärtet sich allerdings: Im Zentrum des Sicherheitsersagens agierten das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz. Sie haben - vorsichtig formuliert - im besten Fall die polizeilichen Ermittlungen nicht befördert ...
 
Deshalb bleibt DIE LINKE dabei:
Die Verfassungsschutzämter sind aufzulösen.
 
Erstens ist die unsägliche V-Leute-Praxis einzustellen.
Zweitens sind ihm alle Geheimdienstbefugnisse zu entziehen.
Drittens ist der Verfassungsschutz zu einer kompetenten Politikberatung umzubauen.

3. 

Nun reden wir hier nicht nur über Innenpolitik, sondern auch über den Bundeshaushalt. Dazu wird es ein Jahressteuergesetz 2013 geben. Mit ihm würden allerdings die Versager-Ämter für Verfassungsschutz durch den Bundestag geadelt und befördert.
 
Der Verfassungsschutz soll künftig als finaler TÜV über die Gemeinnützigkeit von Vereinen und Initiativen entscheiden. Ämter, unfähig Morde von Nazis zu verhindern, sollen über Nutz und Fromm gesellschaftlichen Engagements richten. Das hat perverse Züge.
 
Zivile Courage gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus würde damit weiter verstaatlicht, verordnet, vor allem aber unter geheimdienstliche Willkür gepresst. Ebenso soziales Engagement und der Kampf um Frieden. Das ist wider den Geist der Verfassung.
 
Ich bitte Sie daher: Folgen Sie dem offenen Brief, den zahlreiche Initiativen im Juni an den Bundestag gerichtet haben. Darunter der BUND, der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, das Netzwerk Friedenskooperative und viele, viele mehr. Kehren Sie ein, und um.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

[als Video, youtube]

[als Video, webtv Bundestag]

 

 

13.9.2012
www.petra-pau.de

 

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