Aktuelle Notiz: „Kommunismus“ im Bundestag

von Petra Pau
Berlin, 23. Januar 2011

1. 

Knapp 90 Minuten wurde Freitag im Plenum des Bundestags debattiert. Ich hatte die „aktuelle Stunde“ zu leiten. Die Wörter „Kommunismus“ bzw. „kommunistisch“ seien 113 Mal gefallen, wurde mir hernach gesagt. Eine solche Häufung dürfte es seit den 1950er Jahren nicht mehr gegeben haben. Auch so viel taktisch skandierter Hass ist nicht alltäglich. Linke wurden von „Demokraten“ als „abartig“ bezeichnet. Das ist Nazi-Jargon.

2. 

Die Debatte war von der CDU/CSU und der FDP beantragt worden. Ursprünglich sollte sie am medial-günstigen Donnerstagmittag stattfinden. Durch einen fiesen „Trick“ der Linksfraktion musste sie auf den medial-belanglosen Freitagnachmittag verschoben werden, ereiferten sich aufgestachelte Journalisten. Allein das wäre eine „Aktuelle Notiz“ wert. Denn der so kommentierte „Vorfall“ ist bezeichnend.

3. 

Aktuell wurde nämlich Zweierlei publik. Erstens: Die BND-Vorläufer-Organisation wusste, wo sich Adolf Eichmann befand und hielt dies geheim. Eichmann war einer der NS-Hauptorganisatoren des Holocaust. Zweitens: Der ebenfalls als NS-Massenmörder bekannte Klaus Barby war inoffizieller Mitarbeiter des BND. Unglaubliche Skandale. Kein aktuelles Thema für die CDU/CSU, sehr wohl für DIE LINKE . Ein „fieser Trick“?

4. 

Zurück zu etlichen Medien: Der „Eichmann-Barby-Skandal“ wurde bestenfalls nebenbei erwähnt. Die „Kommunismus-Gedanken“ von Gesine Lötzsch indes fanden sich auf vielen Seite-1 wieder und boten Talkshow-Redaktionen Stoff für krude Diskussionen. Das ist die eigentliche (öffentlich-rechtliche) Botschaft der letzten Wochen: Der Faschismus wird relativiert, der Kommunismus verteufelt.

5. 

Es ist übrigens nicht mein Kommunismus. Und Erklärungsversuche, man habe den „Kommunismus“ nur aufgerufen, um DIE LINKE aus der medialen Defensive zu holen und um die politische Konkurrenz aufzumischen, halte ich schlicht für falsch. Auch der offensive Versuch, die kommunistische Idee der Bibel zu entlehnen, um sie gegen eine gottlose CDU/CSU zu schleudern, ist politisch letztlich defensiv.

6. 

Die ganze aktuelle „Kommunismus“-Debatte entbehrt jedweder Substanz. Das war auf der „Luxemburg-Konferenz“ der „jungen Welt“ so. Das ist in „Welt“-Kommentaren so. Beide Pole verlängern nur den „Kalten Krieg“. DIE LINKE sollte sich daran nicht beteiligen. Nichts ist radikaler, weil gewinnender, als eine lebensnahe sozialistisch-demokratische LINKE. Der Rest taugt, wie Gregor Gysi einst meinte, für Rotwein mit Petting.
 

 

 

23.1.2011
www.petra-pau.de

 

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