Pressefreiheit stärken

Bundestag, 16. März 2006, Pressefreiheit
Rede von Petra Pau

1. 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag zur Stärkung der Pressefreiheit gestellt. Das begrüße ich namens der Fraktion DIE LINKE.
Der Antrag hat einen Anlass: Die Durchsuchung von Redaktionsräumen des Magazins „Cicero“ im September 2005. Das war kein Einzelfall.
Razzien bei Medien gibt es häufiger, vornehmlich bei vermeintlich linken. Die taz kann darüber Geschichten erzählen, die junge Welt und andere.
Aber die politische Farbenlehre ist noch ein anderes Thema. Heute geht es prinzipiell um die Frage, ob das Grundgesetz gilt und wie es zu schützen ist.

2. 

Das Grundgesetz schützt die Pressefreiheit und es schützt sie, weil die Pressefreiheit für eine lebendige Demokratie unverzichtbar ist.
Zu diesem Schutz gehört, dass Journalisten ein Recht haben, ihre Quellen und Informanten zu schützen. Sie gehen den Staat nichts an.
Nun sagt das Sprichwort: „Ausnahmen bestätigen die Regel.“ Aber dafür müssen die Ausnahmen gut begründet sein und eben Ausnahmen bleiben.
Darauf zielt der Antrag der Grünen. Und deshalb unterstütze ich ihn politisch. Denn die vermeintlichen Ausnahmen nehmen über Hand.

3. 

Über Hand nehmen auch die Kollateral-Schäden. Denn allzu gern wird bei Razzien in Redaktions-Stuben alles mitgenommen, was mitnehmbar ist.
CDs, Festplatten, Adressen und Archive, also alles, was im journalistischen Alltag so anfällt und tiefer blicken lässt, als der Polizei erlaubt ist.
Im konkreten Fall geht es um eine besondere Konstruktion. Der damalige Bundesinnenminister - Otto Schily - witterte Geheimnisverrat.
Er vermutete in seinen Geheim-Diensten ein Plappermaul. Und er versuchte ein Rätsel in den Redaktions-Stuben des Magazins "Cicero" zu lösen.
Und genau das darf so nicht sein. Ein Leck im Geheimdienst ist kein Grund, die Pressefreiheit und damit das Grundgesetz außer Kraft zu setzen.

4. 

Nun streiten sich die Rechtsgelehrten, ob der Innenminister nicht doch Recht hat. Und das weil strittig ist, muss das Recht präzisiert werden.
Darauf zielt auch der Antrag der FDP. Mit ihm sollen Bürger- und Freiheitsrechte gestärkt werden. Dafür werbe ich ausdrücklich.
Und zumindest die Unions-Abgeordneten aus Hessen sollten dem sehr aufgeschlossen sein - so zu sagen im eigenen Deutsch-Test.
Denn wenn sich Migranten in Hessen per Fragebogen positiv auf Bürger- und Menschenrechte beziehen sollen, dann sollten sie es erst recht tun.

5. 

Wir haben es hier übrigens mit demselben Konflikt zu tun, wie beim so genannten BND-Ausschuss. Wer Bürgerrechte verteidigt, wird verdächtigt.
Das ist genau das Deutschland, das ich - trotz aller Werbung - nicht bin und das ich auch nicht will. Ich will einen sozialen Bürgerrechts-Staat.
Am kommenden Sonnabend werden wir in Berlin - wie jedes Jahr - an die März-Revolution anno 1848 erinnern. Die „Pressfreiheit“ gehörte dazu.

6. 

Abschließend: Beide Anträge gehen in die Ausschüsse. Dort können wir die Paragrafen-Feinheiten verhandeln.
Übrigens auch darüber, ob ein Paragraf aus dem Jahre 1936 (!), der vermeintlichen Geheimnisverrat unter Strafe stellt, noch zeitgemäß ist.
Man kann nicht einerseits Informations-Freiheit per Gesetz befördern und zugleich die Presse-Freiheit per Gesetz beschneiden. Das ist ein Widersinn.
Und deshalb wird sich DIE LINKE auch für eine Lösung zugunsten der Presse-Freiheit, für Bürgerrechte und mehr Demokratie einsetzen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

16.3.2006
www.petra-pau.de

 

Übersicht
Bundestag

 

Reden im
Bundestag

 

Lesbares

 

Seitenanfang

 

Startseite