Die Reform ist überfällig, aber unzureichend

Bundestag, 27. Januar 2005, „Berufsausbildung“
Rede von Petra Pau

1. 

Das geltende Berufsausbildungsgesetz stammt aus dem Jahre 1969. Es ist also über 35 Jahre alt. Allein das zeigt: es muss erneuert, den Bedingungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.
Hinzu kommt: Wir hatten im vergangenen Jahr einen nicht ausgestandenen Konflikt über die Zahl der verfügbaren Ausbildungsplätze und über den Weg, allen Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen.
Dieser Streit - Ausbildungs-Umlage oder Ausbildungs-Pakt - beantwortet allerdings noch nicht die Frage nach der Ausbildungsqualität. Hierfür muss das Berufsausbildungs-Reformgesetz, über das wir jetzt sprechen, Maßstäbe setzen.

2. 

Die Frage, die sich logisch stellt, lautet also: Entspricht der vorliegende Entwurf den Kriterien für eine qualifizierte Berufsausbildung im 21. Jahrhundert? Meine Antwort ist: Bei allen Verbesserungen - Nein. Deshalb wird die PDS im Bundestag auch nicht zustimmen.
Sie wissen, dass wir mit unserer Kritik nicht allein stehen. Auch der DGB zum Beispiel hat grundsätzliche Bedenken und deshalb einen eigenen Entwurf erarbeitet. Der kommt den Vorstellungen der PDS näher, als der vorliegende Entwurf der Bundesregierung.

3. 

Wir halten zum Beispiel die Qualitätsansprüche an eine moderne Berufsausbildung für unzureichend normiert. Dazu bedürfte es anspruchsvoller Standards bei den Ausbildenden und ehrgeiziger Ziele für die Auszubildenden.
In der zurückliegenden Debatte hatte ich gesagt: Die vorgeschlagene Arbeit mit Ausbildungs-Modulen kann sinnvoll sein. Sie darf aber nicht dazu führen, dass die Gesamtausbildung aus dem Blick gerät. Diese Gefahr ist aber nicht gebannt.
Auch das viel gelobte duale Ausbildungs-System wird durch das vorliegende Gesetz nicht gestärkt - im Gegenteil: Sie kennen den Trend, wonach sich immer mehr Unternehmen von der Berufsausbildung zurückziehen, insbesondere große Unternehmen. Dem müsste ein modernes Gesetz Einhalt bieten.
Statt dessen versuchen sie die außerbetriebliche Ausbildung aufzuwerten. Die Praxis zeigt: Das ist pure Theorie, denn sie können außerbetriebliche Ausbildung nicht im selben, anerkannten Niveau anbieten, wie es in Betrieben möglich ist. Außerdem geht ihr Ansinnen zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.
Schließlich gibt es einen weiteren, großen Aspekt, der allgemein immer wieder betont, im Gesetz aber unzureichend berücksichtigt wird: der richtige und wichtige Anspruch auf lebenslanges Lernen.
Kurzum: Die Reform der Berufsausbildung ist überfällig, aber sie geht uns, der PDS im Bundestag, nicht weit genug.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

27.1.2005
www.petra-pau.de

 

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