Giro-Recht gesetzlich regeln

Bundestag, 30. Juni 2004, „Giro-Konten für jedermann“
Rede von Petra Pau

1. 

Wer kein Giro-Konto hat, ist benachteiligt. Dieser Befund ist Allgemeingut und scheint auch im Bundestag unumstritten. Wenn dem so ist, dann gilt allerdings auch die Umkehrung: Wer Giro-Konten verweigert, grenzt aus.
Genau darum geht es heute. Besser gesagt, es geht um sinnvolle Maßnahmen gegen die Ausgrenzung und Benachteiligung Hunderttausender durch Banken und andere.

2. 

Die These, dass Giro-Konten gewissermaßen Lebensmittel sind, wird übrigens durch Geldinstitute selbst bestätigt. So wirbt zum Beispiel die Sparkasse junge Kunden mit dem Slogan: „Ohne Giro-Konto läuft nichts!“
Andere Kunden, vornehmlich solche aus ärmeren und verschuldeten Verhältnisse, gehen leer aus. Ihnen wird das Konto gekündigt oder verweigert. Das kommt die Betroffenen teuer zu stehen. Übrigens auch die Kommunen oder Sozialämter, denn der Bargeldverkehr ist erheblich aufwendiger, als der bargeldlose.

3. 

Über all diese Probleme haben wir hier im Plenum zuletzt im Januar 2002 ernsthaft diskutiert. Die PDS-Fraktion im Bundestag hatte seinerzeit eine gesetzliche Regelung gefordert. Jede und jeder sollte einen Rechtsanspruch auf ein Giro-Konto erhalten.
Die Regierungs-Fraktionen lehnten das seinerzeit ab. Sie verwiesen auf die freiwillige Selbstverpflichtung der deutschen Kreditwirtschaft. Die SPD wollte den Fortgang beobachten und (Zitat Abg. Simone Violka) „eine gesetzliche Regelung (erst) verabschieden, wenn es keine weitere, spürbare Verbesserung gibt“. Dieser Punkt ist jetzt erreicht.

4. 

Sie kennen alle die Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung. Demnach ist die freiwillige Lösung gescheitert.
Sie kennen die Einschätzung des Bundesverbandes Verbraucherzentrale. Da heißt es wörtlich: „Wir haben es bei der Kontolosigkeit mit einem nach wir vor erheblichen Problem mit wieder steigender (!) Tendenz zu tun.“ Das ergab auch eine aktuelle Blitzumfrage bei Berliner Schuldner-Beratungsstellen.
Umgekehrt mehren sich Fälle, bei denen Kredit-Institute gegen Regeln der eigenen Verpflichtung verstoßen. So widersprechen 90 bzw. 93 Prozent der Konto-Kündigungen bzw. -Verweigerungen den selbst gestellten Kriterien. Auch das spricht für eine gesetzliche Regelung.

5. 

Schließlich verweise ich auf Urteil aus dem Landgericht Berlin (24. 04. 2003). Demnach komme die Selbstverpflichtung der Geldinstitute einem Rechtsanspruch auf ein Giro-Konto für jede und jedem gleich.
Wenn das aber so interpretierbar ist, dann kann und sollte der Bundestag das auch eindeutig als Gesetz fassen. Die PDS rät dringend, es zu tun. Das würde Klarheit für alle und Hilfe für Ausgegrenzte schaffen.
 

[download] Stenographischer Bericht, pdf-Datei

 

 

30.6.2004
www.petra-pau.de

 

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